Ideale Veduten der Industrie- und Handelsobjekte der Littauer Region auf den Firmenpapieren
Idealisierte grafische Darstellungen von Industrie- und Handelsobjekten – ideale Veduten – platziert in Kopfzeilen von Fakturen, Briefpapieren, Konten, Preislisten, Firmenkatalogen, Aktien und Werbungsfirmenmaterialien erschienen in Mähren im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Aufgrund des Studiums von diesen ikonografischen Unterlagen in Archivfonds kann man urteilen, dass Darstellungen von Fabriken u. a. einen späteren Bestandteil von ursprünglichen Dekorativelementen, platzierten in den Kopfteilen von Firmenschreiben, Konten und Fakturen bildeten, ergänzt meistens mit Medaillen und weiteren Abschätzungen aus industriellen Ausstellungen für Betonung des Firmenerfolgs. Darstellungen der mit den Jahren fortlaufend erworbenen Medaillen, Diplomen u. a., gemeinsam mit ästhetisch wirkungsvoller kalligrafischer Ausführung der Benennung mit einem ausprägten Firmenlogo, erschienen in Mittelmähren am Anfang der 70er Jahre des 19. Jh. Darstellungen wurden durch Beschriftungen mit Datierung über die Firmengründung, die Adresse, die Telefon- und Bankverbindung und weitere grundlegende Informationsdaten über die Firmenproduktion ergänzt, und zwar in deutscher, später auch in tschechischer Mutation, beziehungsweise auch in beiden genannten gleichzeitig. Lithografische Darstellungen von Objekten in Köpfen von diesen Firmenpapieren folgten in der Olmützer Region circa seit der Mitte der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts.
Diese Ortsbeschreibungen und ästhetisch wirksame grafische Reklamegestaltung von Industrie- oder Handelsobjekten hatten von Anfang an den idealen vor allem durch die Handelsinteressen des Firmenbesitzers bestimmten Charakter. Warum führt man den Begriff ideale und nicht idealisierte Veduten an? Weil zum Unterschied von romantischen Veduten in der idyllisch gestalteten Gegend und Objekten – diese in Wirklichkeit jedoch nicht existierenden – geht es hier um grafische Darstellung des zukünftigen idealen Zustandes von Gebäuden und deren Arealen. Im Allgemeinen kann man sagen, dass das Aussehen eines bildnerisch gestalteten Objektes in den Grundrissen im verkleinerten Verhältnis der Realität entsprach. Die Gebäude und das Firmenareal wurden jedoch für Erhöhung eines visuellen Einflusses dieser Präsentation oftmals von einem Grafiker „eindringlich nachgeformt“, und zwar sowohl aufgrund von seinen Vorstellungen, als auch besonders je nach der Bestellung des Auftraggebers. Die Umgebung von Objekten wurde grafisch z. B. durch eine Parkbehandlung ausgebessert oder beträchtlich verkleinerte Stadtarchitektur im Hintergrund der Gebäude und durch Transportbewegung mit Fuhrwerken und Figürchen, später Motorräder und Automobile beleben. Ideale Darstellung eines Objektes schrittweise nahm die ganze obere Fläche – das Köpfchen von einem Firmendokument ein. Als Ergänzung der idealen Veduten werden hier auch Darstellungen von Fabrikbesitzervillen, Eisenbahn mit Zügen in der Nähe des Objektes, Anblicke in die Fabrikinterieurs und Produktproben erschienen. Ideale Veduten von Handels- und Industrieobjekten als vorgedruckte bildnerisch verarbeitete Überschriftzeilen der Geschäftskorrespondenz finden wir z. B. auf den Jubelfirmenschautafeln, Zeitfirmenkalendern, Reklameseiten von Periodikums, in Bilderbeilagen von heimatkundlichen Arbeiten oder in repräsentativen zeitgenössischen Bildpublikationen. Es wäre jedoch irrtümlich zu glauben, dass jeder bedeutsame Betrieb einen eigenen Firmenkopf mit idealer Vedute hatte. Oftmals ist es gerade umgekehrt. Manche Firmen hatten zwar ideale Veduten ihrer Objekte gebildet, jedoch verwendeten sie diese vielmehr für Werbezwecke in der Zeitpresse eher als den Kopf ihrer Firmenpapieren. Andere bevorzugten auf Köpfchen ihrer Firmenbriefe vielmehr fotografische Aufnahmen von Interieurs, Exterieurs und Produkten. In diesem Zusammenhang fügen wir hinzu, dass wir das genaue Aussehen von Originalobjekten durch das Studium von Zeitfotografien aus dem Ende des 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts feststellen können. Zu diesem Zweck dienen auch die in den Museen- und Archivsammlungen, beziehungsweise in den Kollektionen der Privatsammler aufbewahrten topografischen Ansichtskarten.
Man kann konstatieren, dass sich diese idealen Veduten in der ursprünglichen Form bis zu den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts hinsichtlich ihrer markanten ästhetischen Wirkung erhielten. Obwohl die sich rasch entwickelnde billige und dokumentarisch genaue Fotografie die grafische Bildung in den Hintergrund schon zum Ende des 19. Jahrhunderts beiseite schob. Ursprünglich beträchtlich gestalterische Qualität von diesen Darstellungen aus dem Ende 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts so schrittweise sank. Seit den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts können wir meistens schon nur stark schematische Darstellung von industriellen Objekten verfolgen, und zwar ohne ästhetisch wirksame dekorative Elemente, die für die Bildung von idealen Veduten aus dem Anfangszeitraum, d. h. aus dem Ende des 19. Jahrhunderts charakteristisch sind. In den 40. Jahren des vorigen Jahrhunderts trat dann der Rückgang von diesen grafischen Firmenköpfen ein, die nach der Verstaatlichung der tschechischen Industrie im J. 1948 als Bourgeoisüberbleibsel der alten Zeiten schrittweise unterging.
Das Studium von diesen idealen topografischen Darstellungen in der verfolgten Region (Städte und Dörfer des Olmützer Bezirks) wird besonders durch den reichen Fond von Firmenbriefen mit Kopfzeilen der Handelsgewerbekammer in Olmütz ermöglicht, der in Olmützer Filiale des Landesarchivs in Opava (Troppau) aufbewahrt wird. In diesem Zusammenhang erinnern wir an, dass Handels- und Gewerbekammer in Olmütz im Jahre 1851 entstand. Diese umfasste damalige politische Bezirke: Holešov (Holleschau), Hranice (Weißkirchen), Kromìøíž (Kremsier), Litovel (Littau), Místek, Nový Jièín (Neu-Titschein), Olomouc (Olmütz), Šternberk (Sternberg), Šumperk (Schönberg), Uherské Hradištì (Ungrisch-Hradisch), Uherský Brod (Ungrisch-Brod), Valašské Meziøíèí (Walachisch-Meseritsch) und Zábøeh (Hohenstadt). Sie unterging im Jahre 1948. Seit dem Jahre 1991 deren Nachfolgerin ist die Bezirkswirtschaftskammer Olmütz. Ihre Hauptbotschaft dieser Prestigeorganisation der Unternehmer in der Olmützer Region ist, der Entwicklung des Unternehmensmilieus in der Region beizutragen. In dieser Zeit vereinigt sie circa 200 Unternehmer – juristische auch physische Personen. Die Kammermitglieder sind auch Unternehmer aus der Littauer Region – gegenwärtig sind es an die zwanzig Firmen. Fügen wir hinzu, dass die im Jahre 2006 entstandene repräsentative Publikation mit zahlreichen Darstellungen unter Benennung „Ideale Veduten von industriellen und geschäftlichen Objekten der Olmützer Region auf den Firmenpapieren“, gerade aus der Initiative der Olmützer Wirtschaftskammer bei der Gelegenheit des 155. Jubiläums der Gründung Handels- und Gewerbekammer in Olmütz entstanden ist. Diese Arbeit erschien auch mit weiteren Ergänzungen in der Studie „Katalog der idealen Veduten von industriellen und geschäftlichen Objekten der Olmützer Region auf Firmenpapieren“. Diese Studie wurde im Olmützer Archivsammelwerk im Jahre 2006 abgedruckt.
Gesellschaftliche Ausnützung von diesen bedeutenden Quellenmaterialien ist beträchtlich breit, und zwar sowohl bei der Ausstellungstätigkeit, als auch in der Publikationsarbeit oder in den auf die Entwicklung der Industrie und Technik in den Regionen gerichteten Dokumentarfilmen. Diese Unterlagen ergänzen so nicht nur die Ikonografie von Städten, sondern meistens auch die verhältnismäßig arme Ikonografie von Gemeinden. In der heutigen hektischen Zeit, wann die Firmenkorrespondenz ausschließlich fast durch die E-Mail-Form verläuft, sind die grafischen Firmenveduten aus dem Ende 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts beträchtlich sammlerisch bewertet. Außer den idealen Veduten in den Kopfzeilen der Firmenpapiere finden wir diese ästhetischen Darstellungen auch auf topografischen Zeitansichtskarten, besonders aus dem Zeitraum dicht nach dem Jahre 1900. Das ist der Fall z. B. der Farbendruckansichtskarte, die ideale Vedute des Littauer Brauhauses zu Beginn des 20. Jahrhunderts präsentiert.
Kleinere Kollektionen von Firmenveduten aus der Olmützer Region sind im Eigentum von staatlichen Bezirksarchiven in Jeseník (Freiwaldau), Olomouc (Olmütz), Pøerov (Prerau), Prostìjov (Proßnitz) und Šumperk (Schönberg), von heimatkundlichen Museen in der verfolgten Region, von Firmen und auch privaten Sammlern. Eine Reihe von diesen idealen Veduten ist aufbewahrt ebenfalls in ausländischen Archiven. Aus dem reichhaltigen Fond von Firmenveduten, die in Olmützer Archiven (im staatlichen Bezirksarchiv in Olmütz und in der Filiale des Landesarchivs Opava (Troppau)) in Olmütz aufbewahrt werden, wurde eine Reihe von diesen Zeitdarstellungen aus der Littauer Region in der Publikation von Miloslav Èermák „Geschichte und Gegenwart des Unternehmens in der Olmützer Region“ verwendet. In der oben genannten Publikation, als auch in der Studie, die im Olmützer Archivsammelwerk herausgegeben wurden, sind veröffentlicht u. a. auch ideale Veduten aus der Littauer Region. Wirksam sind auch Darstellungen auf den Aktien der Littauer Bauernaktienzuckerfabrik und des Bauernaktienbrauhauses mit der Mälzerei aus dem ersten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts. Aus dem Beginn des 20.Jahrhunderts stammen auch Firmenkopfzeilenbriefe mit Darstellung des Littauer Bauernaktienbrauhauses, der Mälzerei in Littau, der Bauernspiritusfabrik mit Hefewerk in Littau und der Möbelfabrik von Josef Motek. Diese konzentrierte sich zu dieser Zeit u. a. auch auf die Herstellung der luxuriösen Lackmöbel im Geist des Jugendstils für Wohnzimmer von anspruchsvolleren Kunden. Ästhetisch wirksam sind z. B. ideale Veduten der Kalkbrennerei von Josef Vitoul und Ges. – Kalkfabrik und -mühle in Mìrotín (Mirotin) – und die Darstellung der Käsefabrik von Emanuel Marek in Chudobín (Chudwein) – der einzigen Käserei und Schmelzerei aller Käsearten in der damaligen ÈSR aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Der oben erwähnte Katalog registriert weiter z. B. die in naher Gemeinde Nasobùrky situierte Ernährungsmittelfabrik von P. Hlaváèek auch mit Darstellung einer Fabrikantenvilla in der jetzigen Svatopluk-Straße in Littau aus dem Beginn der 20er Jahre des 20. Jh. oder den Großhandel von Josef Filipp in Littau in der Palacký-Straße aus den 30er Jahren. Beträchtlich schematisch wirkt die Darstellung des Gebäudes des modernen Getreidesilos der Wirtschaftsgenossenschaft in Littau – mit Reinigungsanlage für Getreidesamen – gebaut in den 20. Jahren des vorigen Jahrhunderts bei der Ortseisenbahn Littau Choøelice – (heute Littau Vorstadt).
Aus breiterer Umgebung führen wir an z. B. das Sägewerk, die Parkett – und Möbelfabrik und das V. Svoboda-Kraftwerk in Lhota nad Moravou auf der Darstellung aus 1919, weiter z. B. die Bauerndampfmolkerei auf dem Firmenbrief aus dem J. 1918, die Fabrik für Mühlen-, Mälzerei- und Brauhäusermaschinen von Leopold Kašpar in Groß Senitz (Senice) aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts und Bauernaktienmälzerei in Zerotein (Žerotín) aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.
Solange es um sehr kurz gefasste Darstellung der Entwicklung der Industrie in Littau geht, führen wir an, dass sich in dieser Region vom Ende des 19. Jahrhunderts schrittweise vor allem die Lebensmittelindustrie entwickelte. Der Geschichte der Lebensmittelindustrie in dieser seinerzeit Königsstadt (Mühlen, Brauhäuser, Mälzereien, Zuckerfabrik, Spiritusfabrik u. a.) ist die Studie von Karel Obšil mit Benennung “Aus der Geschichte der Nahrungsmittelindustrie in Littau“ gewidmet. Diese wurde im Sammelbuch der Heimatmuseumsgesellschaft in Olmütz abgedruckt und herausgegeben im Jahre 1972. In diesem Zusammenhang erinnern wir daran, dass das schon in 1893 gegründete Littauer Brauhaus durch dessen qualitatives Bier eine Reihe von bedeutenden Anerkennungen nicht nur in der Tschechischen Republik, sondern auch im Ausland erhält. Die im Jahre 1871 errichtete Littauer Zuckerfabrik, als eine von wenigen in der Tschechischen Republik bisher funktionierenden Zuckerfabriken, feierte ihr schon das 135. Jubiläum. Ihrer Geschichte ist die Publikation von Michael Viktoøík mit Benennung “Die Littauer Zuckerfabrik“ gewidmet – die Geschichte des Betriebes seit dessen Gründung bis zur Gegenwart, herausgegeben im Jahre 2005. Zum Ende des 19. Jahrhunderts arbeiteten in Littau vier Mälzereien. Die 1900 gegründete Bauernaktienspiritusfabrik mit Hefewerk wurde im Jahre 1927 auf die Fabrik für die Schokoladen- und Süßwaren LIBO, später Tesla Pardubice (Pardubitz), n. p. Betrieb Littau umgestaltet. Heute an der Stelle dieses Objektes stehen moderne Hallen der Firma Head Sport s.r.o., die Motka-Fabrik, ursprüngliche die schon im J. 1866 gegründete Möbelfabrik. Später wurde diese zur Fabrik für elektromechanische Maschinen und Blitzableiter und im Jahre 1946 wurde sie ins damalige Nationalunternehmen Moravskoslezské pily Šumperk (Schönberg) eingegliedert. Nach dem Jahre 1948 als der Betrieb Littau wurde sie in die nordmährischen Holzbetriebe, n. p. Šumperk eingegliedert. Diese orientierten sich auf die Sägeherstellung und den Schnittholzexport, danach als schon ein bedeutender Holzbetrieb auf die Produkte für Bau- und Möbelindustrie. Im Jahre 1991 wurde das ursprüngliche Eigentum den Erben des Besitzers zurückgegeben. Die neu entstandene Firma mit ursprünglicher Benennung “Motka“, s.r.o., welche Transportkästen, gewundene Haustreppenhäuser, das Wohnzubehör u. a. erzeugte, jedoch schon unterging. Im Jahre 1912 entstand in Littau auch die Fabrik von Petr Hlaváèek für die Gemüse- und Obstkonservierung, jetzt ALIBONA a.s. Historische Tradition der Littauer Papierwerke wurde in der Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts durch die Erzeugung von Damenbinden ersetzt, die jetzt die Firma Kimberly-Clark produziert. Der Papiermaschinenbetrieb Papcel, jetzt Papcel a.s, entstand am Ort der Mekiska-Blechwarefabrik (aufgebaut im Jahre 1905). Der Beginn des 20. Jahrhunderts lief auch in der Littauer Region im Zeichen der Schaffung von Bauernmolkereien durch, die durch deren typisierte Bauten charakteristisch waren. Die Übersicht der Betriebe in der Littauer Region finden wir z. B. im in 1972 herausgegebenen Werk
"Historische Ortsbeschreibung von Mähren und Schlesien“ oder im Skriptum von Autoren J. Schulz und J. Lošák „Historische Ortsbeschreibung des Bezirks Littau 1848 – 1960“ aus dem J. 1977. Detaillierte Übersicht der Artikel und Studien über das Unternehmen in der Littauer Region wird u. a. in einer umfangreichen bibliografischen Datenbank einbezogen, die besonders der Geschichte und der Architektur in Region Mähren und tschechischen Schlesien gewidmet wird. Diese ist systematisch vom Autor dieses Beitrages gebildet und steht den Interessenten zur Verfügung (eingehend siehe auf den Websites www.ikonografiemoravy.cz). Die Datenbank umfasst sowohl schon herausgegebene Publikationen, Rigoros- und Diplomarbeiten, als auch besonders Studien und Artikel aus den Sammelwerken und der Periodenpresse, und zwar in der Retrospektive circa vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.
Zum Schluss fügen wir hin, dass das herausgegebene Verzeichnis von diesen spezifischen Materialien der Firmenpropagation, aus dem wir einige Darstellungen aus Littau und der Littauer Region drucken, keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Eine Reihe dieser Firmenpapiere aus der Olmützer Region wird in weiteren tschechischen und auch ausländischen Archiven, Museen auch in den privaten Sammlungen aufbewahrt. Der Autor dankt in dieser Form für eventuelle Informationen über die idealen Firmenveduten auf die E-Mail-Adresse: v.kollmann@iol.cz, beziehungsweise unter der Tel.-Nr.: 585342922, Handy: 603 450 338
Vítìzslav Kollmann
Übersetzt von: ing. Pavel SIÈ